Das soziale Projekt „Jablonka“ (Apfelbäumchen) feiert im Juni sein 14-jähriges Bestehen. Schon Wochen vorher betonte Sergej Kiwenko, Direktor der Kaliningrader Anlaufstelle für Straßenkinder, wie aufgeregt alle wegen des Jahrestages seien. Er ging auf Fakten zu Gründung, Zweck und Finanzierung des Projekts ein. Im Vordergrund stand jedoch eine Botschaft, die Kinder ohne Zuhause seit 1995 erreicht: „Möglich, dass heute alles in Ordnung ist. Aber wenn du plötzlich den Boden unter den Füßen verlierst – wir warten auf dich!“ „Jablonka“ spricht die Kinder direkt an, bietet ihnen einen Schlafplatz, Essen, Schuhe und Kleider oder lädt sie ein, zum Spielen vorbeizukommen.
Kinder, die bei „Jablonka“ Zuflucht suchen, sind in der Regel nicht verwaist. Bei ihren häufig alkohol- oder drogensüchtigen Eltern können sie allerdings nicht gut aufwachsen. Eher schon verbringen die Kinder ihre Zeit auf der Straße. Hier fühlen sie sich aber nicht sicher. Bei „Jablonka“ wird ihnen ein Programm geboten. Sie treffen andere Kinder zum Spielen und Erwachsene, die ihnen in Vielem helfen. Ärzte, Sozialpädagogen, Erzieher, Psychologen und ein Buchhalter sind um das Wohl der Kinder besorgt. Neun Mitarbeiter sind es insgesamt. Auch Studenten helfen freiwillig mit. Sachspenden – Kleider und Spielzeug – gehen aus der Nachbarschaft ein.
Wöchentlich werden der Töpferkreis und die Fahrradwerkstatt veranstaltet. Die Kinder lernen die Drahtesel zu reparieren und geben dabei ihr Wissen an Freunde weiter, die außerhalb der Einrichtung sind. Oder sie verschenken beispielsweise selbst Getöpfertes. Andere Kinder werden so auf „Jablonka“ aufmerksam; oftmals kommen auch Kinder Alleinerziehender, denen das Nötigste fehlt.
Seit fünf Jahren ist die Anlaufstelle nicht nur tagsüber geöffnet. Durch die Königsberghilfe Bonn, die „Jablonka“ laufend unterstützt und in Deutschland eigens Spenden sammelt, konnte ein Wohncontainer mit zwei Schlafräumen für je sieben Mädchen und Jungen eingerichtet werden. Von ihnen kehren fast die Hälfte in ihre Familien zurück. Älteren Jugendlichen wird zu einer Ausbildung und somit zur Eigenständigkeit verholfen.
Pro Tag nehmen bis zu 23 Kinder Hilfe in Anspruch, insgesamt 180 waren es im letzten Jahr. Auch das Diakonische Werk der Stadt Greifswald leistet finanzielle Unterstützung. Die Propstei Kaliningrad pflegt die Verbindung nach Deutschland.
Die Schule, Polizei und andere offizielle Stellen vermitteln zwar Kinder an „Jablonka“, überprüfen die Bemühungen und erkennen sie an. Geld gibt es von Seiten der Gebietsadministration seit 2007 allerdings keines mehr.
Svenja Reinke